Die Corona-Krise hat dazu geführt, dass die Kevelaerer Vereine alle eine Auszeit nehmen mussten. Durch die Kontaktbeschränkungen sind die Vereins-Aktivitäten fast vollständig zum Erliegen gekommen. Darum kann in dieser Ausgabe auch nur wenig Neues berichtet werden. Dies haben die Redakteure zum Anlass genommen, die Auszeiten und Krisen in der Vergangenheit anzuschauen und näher zu beleuchten. In der wahrscheinlich fast 600-jährigen Vereinsgeschichte hat es öfter als einmal eine Auszeit gegeben. Zeiten in denen die Vereinsaktivitäten über Jahre hinweg fast vollständig zum Erliegen gekommen sind.
Wahrscheinlich fällt die Entstehung der Hubertusgilde in die Zeit des Baus der Hubertuskapelle, also zum Ende des 14. bzw. Anfang des 15. Jahrhunderts. Leider fehlen dafür noch schriftliche Belege. Das aktuell als Gründungsjahr auf den Fahnen stehende Jahr 1634 muss auf jeden Fall korrigiert werden, denn im Rahmen der Nachforschungen zum 875-jährigen Jubiläum von Keylaer wurde eine urkundliche Erwähnung der Hubertusgilde im Jahr 1575 gefunden. So berichtete die Stadtarchivarin Dorothee Flemming-Lühr in einem Beitrag zur Siedlungsgeschichte von Kevelaer in dem Buch „Epitaph für Stefan Frankewitz“ von einer Erwähnung der Hubertusgilde in einer Steuerliste der Gelderschen Rekenkamer im Jahr 1575. Im Folgenden werden die Auszeiten seit Anfang des 15. Jahrhunderts betrachtet. In den Jahren zwischen 1431 und 1440 kam es in Mittel- und Westeuropa zu einer Klima-Katastrophe. Auf lange und extrem kalte Winter folgten warme und regenreiche Sommer, dies führte zu Hungersnöten und die Menschen waren anfällig für Krankheiten. Im 16. Jahrhundert gab es im Jahr 1540 eine Periode von 11 Monaten ohne nennenswerte Niederschläge, Waldbrände und Missernten waren die Folge. Im Jahr1568 begann dann der 80-jährige spanisch-niederländische Krieg, dessen letzten 30 Jahre auch als 30-jähriger Krieg bekannt sind. Er fand erst 1648 seinen Abschluss mit dem Westfälischen Frieden. Dieser Krieg spielte sich von Anfang an auch in unserer Region ab, gehörte das Herzogtum Geldern doch zu den spanischen Niederlanden. Wahrscheinlich wurden zu jener Zeit die Schanzen in Kevelaer und Keylaer angelegt. In diese flüchteten sich die Menschen, wenn die marodierenden Söldner-Heere auf Ihrem Weg von der einen zur anderen Schlacht durch die Dörfer zogen. In dieser Zeit übernahmen die Gilden und Bruderschaften zusätzlich zu der Sorge, um die jeweilige Kirche oder Kapelle und die Armen ihres Umfeldes die Aufgabe die Bevölkerung zu beschützen. Sie entwickelten sich zu Schützenbruderschaften. Aus der Zeit nach dieser Periode ist eine Entwicklung der Gilde zu einer organisierten Vereinigung belegt. Dafür sind zahlreiche Belege vorhanden, wie z.B. das Hutsilber und ein Reglement aus dem Jahr 1693. Auch Anfang des 18. Jahrhunderts kam es wieder zu einem Erbfolgekrieg. Im Jahr 1703 wurde die Stadt Geldern durch preußische Truppen belagert und mit dem Frieden von Utrecht wurde unsere Region erstmals preußisch. Der Marquis und Reichsgraf von Hoensbroeck wurde Verwalter für die Region und die Bruderschaften mussten Ihre Satzungen dort zur Eintragung vorlegen. Für das 18. Jahrhundert finden sich zahlreiche Urkunden und Abrechnungen in den Archiven. Die Gilde lebte auf, bis 1792 die Franzosen in Kevelaer einmarschierten. In der Folge wurden im Jahr 1798 alle Bruderschaften und Gilden aufgelöst, auch die Hubertusgilde war betroffen und verlor Ihren Grundbesitz. Die Besatzungszeit und die gegen Ende dieser Zeit stattfindenden kriegerischen Auseinandersetzung ließen keinen Raum für das Vereinsleben. Dies fand erst 1815 mit der Schlacht von Waterloo ein Ende. Napoleon wurde vernichtend geschlagen und die Landkarte von Europa wurde auf dem Wiener Kongress neu gezeichnet. Es entstand die heutige Staatsgrenze zwischen dem Königreich der Niederlande und dem Königreich Preußen. Kevelaer fiel endgültig unter preußische Hoheit. Im selben Jahr kam es in Indonesien zu einem Vulkanausbruch, bei dem so viel Asche ausgestoßen wurde, dass die Sonne fast ein Jahr lang nicht schien. So wurde das Jahr 1816 zu einem Jahr ohne Sommer, verbunden mit Missernten und Hungersnöten. In der folgenden Zeit fand das Vereinsleben nur sporadisch statt, bis 1863 ist für diese Zeit nur ein Vogelschießen, im Jahr 1831, belegt. 1863 verstarb in Kevelaer der langjährige Pastor Johann Heinrich Krickelberg, er hatte sich für seine Beerdigung die Teilnahme der Bruderschaften gewünscht. Nach diesem Ereignis lebte das Vereinsleben wieder auf. Ein in diesem Jahr begonnenes Protokollbuch befindet sich noch heute im Besitz der Gilde. Wegen des Krieges mit Frankreich und des sich anschließenden Kulturkampfes kam es in den Jahren 1871/72 zu einer kurzen Unterbrechung. Im Jahr 1872 fand kein Vogelschießen statt. Ähnliches ist für das Jahr 1876 belegt. Wegen der Verweisung der Geistlichen aus dem Priesterhaus, fand in diesem Jahr kein Königsschießen statt. Die nächste Unterbrechung folgte mit Beginn des ersten Weltkriegs, ohne Hinweise auf eine bevorstehende Ruhezeit, enden die Einträge im Protokollbuch mit dem Protokoll der Generalversammlung im November 1913. Es folgte die Nachkriegszeit mit der belgischen Besetzung, der Spanischen Grippe und der Weltwirtschafts-Krise. Erst für 1928 sind wieder Eintragungen im Protokollbuch erfasst. Ab da gab es dann wieder ein reges Vereinsleben mit einem Festjahr im Jahr 1934 als Höhepunkt. Doch die Spannungen mit den Machthabern und deren Agieren gegen die Kirche und Ihre Verbände finden sich auch in den Protokollen. Im Jahr 1935 wurde die Pflicht des Königs zur Teilnahme an der Fronleichnamsprozession in die Statuten aufgenommen. Ab 1936 forderten die Behörden den Anschluss der Schützenvereine an den Deutschen Schützenbund, was das Verbot zur Teilnahme an kirchlichen Veranstaltungen beinhaltete. Dieses Thema wurde auf der Generalversammlung im Jahr 1936 diskutiert und man beschloss, dass man konfessionell gebunden bleiben möchte und dem Deutschen Schützenbund nicht beitritt. Was dann im Jahr 1937 das Verbot der Aktivitäten der Gilde zur Folge hatte. Es folgte eine Auszeit, die bis Ende 1947 andauerte. Die Schützenbrüder versammelten sich bei „de Wäver“ und bei Wilbers zu Hause, um den Verein wieder aufleben zu lassen Am 26. Januar 1948 fand dann als erste Veranstaltung das Winterfest im Saal der Wwe. Pesch statt.
Seitdem erlebte die Gilde für 72 Jahre eine stetige Weiterentwicklung, bis auch Kevelaer die Corona-Krise erreichte. Wie lange sie noch andauern wird und welche Auswirkungen sie noch auf das Vereinsleben haben wird ist ungewiss. Wir sehen aber auch, dass diese Krise im Vergleich zu den bisher dagewesenen Auszeiten und Krisen nicht so schwerwiegend ist. Darum dürfen wir hoffen, dass es den Schützenbrüdern gelingt auch in dieser Krise, die Flamme der Gilde nicht erlöschen zu lassen und vielleicht schon bald die Hubertusgilde wiederaufleben zu lassen.
Das Bild zeigt einen Auszug aus dem Protokollbuch der Gilde vom 3. Februar 1937: „Da uns jetzt von den Behörden alle Veranstaltungen verboten sind, ruht die St. Hubertus-Gilde bis auf Weiteres.“